Chemisch hergestellte Arzneimittel wie zum Beispiel Acetylsalicylsäure (ASS) bestehen aus wenigen Atomen. Sie werden durch die Kombination bestimmter chemischer „Zutaten“ hergestellt. Wenn Hersteller diese Zutaten in einem bestimmten Verhältnis mischen, erhalten sie immer das gleiche Ergebnis.1 Generika sind Nachahmerpräparate dieser Medikamentenklasse.
Anders als bei Generika handelt es sich bei Biosimilars nicht um identische Kopien des Referenzpräparats. Biosimilars sind dem Original ähnlich, aber nie mit ihm identisch. Sie unterscheiden sich unter anderem in den verwendeten Zelllinien und verschiedenen Schritten des Herstellungsprozesses.
Bei Original-Biologika und Biosimilars kann ausschließlich der behandelnde Arzt in Abstimmung mit dem betroffenen Patienten einen Präparatewechsel veranlassen. Die Umstellung von einem Original-Biologikum auf ein Biosimilar (oder umgekehrt) durch den Apotheker, wie es bei Generika üblich ist (eine sog. automatische Substitution), ist in Deutschland nicht erlaubt.
Die wichtigsten Unterschiede zwischen Generika und Biosimilars finden Sie in der folgenden Tabelle zusammengefasst.
Unterschiede zwischen Biosimilars und Generika
Generika |
Biosimilars | |||
Wirksubstanz | Kleine, einfache Moleküle | Große, komplexe Moleküle; meistens Injektions- oder Infusionslösungen |
||
Struktur | Atomgenau definiert; analytisch einfach zu charakterisieren | Heterogen, da komplex aufgebaute Proteine; analytisch schwer zu charakterisieren | ||
Produktion | Chemische Synthese stabile; einfache Prozesse | Produziert in lebenden Zelllinien; hochsensible Prozesse; reagieren auf Umwelteinflüsse | ||
Klinische Entwicklung | Nachweis der Bioäquivalenz; weitere klinische Studien sind nicht notwendig | Nachweis, dass das Biosimilar dem Originalpräparat im Hinblick auf Qualität, biologische Aktivität, Sicherheit und Wirksamkeit in hohem Maße ähnlich ist; klinische Studien vorgeschrieben (Phase I+III); Extrapolation möglich (Zulassung aller Indikationen des Referenzprodukts ohne weitere Studien) |
||
Austausch in der Apotheke | Substitution in der Apotheke möglich | Substitution in der Apotheke in Deutschland nicht erlaubt |
Regularien für die Zulassung von Biosimilars durch die European Medicines Agency (EMA) 2, 3
In Europa ist die Europäische Arzneimittelagentur für die Zulassung von allen Biologika und damit auch Biosimilars zuständig. Die Unterschiede zwischen Generika und Biosimilars haben die EMA dazu bewogen, Biosimilars grundsätzlich anders zu bewerten als Generika. Sie hat deshalb für die Zulassung von Biosimilars eigene Regeln aufgestellt. Wie Generika führen sie jedoch den gleichen Wirkstoffnamen (Englisch: International Nonproprietary Name, kurz INN) wie das Original.
Für eine Zulassung müssen die Hersteller nachweisen, dass das Biosimilar dem Original-Biologikum im Hinblick auf Qualität, biologische Aktivität, Sicherheit und Wirksamkeit in hohem Maße ähnlich ist. Hierfür werden analytische, präklinische und klinische Untersuchungen durchgeführt. Als Nachweis fordert die EMA mindestens eine präklinische und eine klinische Studie.4 Diese werden in Art und Umfang für jedes Biosimilar von der Behörde individuell festgelegt. Ziel dieses Verfahrens ist es, potentielle Unterschiede zwischen Biosimilar und Referenzmedikament aufzuzeigen und zu bewerten, wie relevant diese sind.
Wenn die EMA für das Nachahmerprodukt Biosimilarität feststellt, kann das Biosimilar für alle Anwendungsbereiche des Originals zugelassen werden. Weitere klinische Studien sind hierfür nicht notwendig. Man spricht in diesem Fall auch von „Extrapolation“.
Zulassung von Original-Biologika und Biosimilars 5, 6
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Unterschiede von Original-Biologika u. Biosimilars 4, 7
Original-Biologika | Biosimilars | |||
Produktion | Jeder Hersteller entwickelt sein eigenes Verfahren; lebende Zelllinien; hochsensible, variable Prozesse; reagieren auf Umwelteinflüsse | |||
Kriterien für die Zulassung in Europa | Präklinische und klinische Studien (Phase I bis IV) | Vergleichsstudien Phase I und III von Biosimilar zum Original (Referenzprodukt) | ||
Neue Indikationen | Weitere Studien der Phase II + III sind erforderlich | Keine weiteren Studien, wenn das Originalmedikament in den Indikationen zugelassen ist und die Ausweitung (Extrapolation) begründet werden kann | ||
Substitution | Nicht möglich | Nicht möglich |
Aufgrund der Komplexität von Biologika und der Tatsache, dass biologische Nachahmerprodukte nicht identisch zum Original sind, sollten bestimmte Kriterien erfüllt sein, um einen qualitätsgesicherten Einsatz von Biologika – und das bedeutet von Original-Biologika und Biosimilar gleichermaßen – sicherzustellen. Dreh- und Angelpunkt für die qualitätsgesicherte Anwendung von Biopharmazeutika ist die Rolle des Arztes als zentraler Entscheider („Die zentrale Rolle des Arztes bei der Therapie mit Biopharmazeutika“).
Referenzen
- Winnington P. What You Need to Know About Biosimilars. Practical Neurology. Mai/Juni 2011: 7-15.
- EMA: CHMP guideline on similar biological medicinal products (October 2014).
- EMA: CHMP Guideline on similar biological medicinal products containing monoclonal antibodies – non-clinical and clinical issues (May 2012).
- EMA: CHMP guideline on similar biological medicinal products containing biotechnology-derived proteins as active substance: quality issues – revision 1 (May 2014).
- Schaubild Zulassung von Orginal-Biologika: vfa. So entsteht ein neues Medikament, 24. Juni 2016 https://www.vfa.de/de/arzneimittel-forschung/so-funktioniert-pharmaforschung/so-entsteht-ein-medikament.html
- Schaubild Zulassung von Biosimilars: Daubenfeld T et al. Understanding the market dynamics of biosimilars, Journal of Business Chemistry, Issue February 2016 http://www.businesschemistry.org/article/?article=218
- vfa-Publikation: Biopharmazeutika. Hightech im Dienst der Patienten, Dezember 2010