27. März 2023


„Wir müssen Parkinson-Patient*innen eine Stimme in der Forschung geben!“

Als innovatives BioPharma-Unternehmen geht AbbVie bei der Erforschung und Entwicklung gezielter Therapien gerne neue Wege – so auch im Bereich Parkinson. Um die Krankheit vor allem hinsichtlich ihrer symptomatischen Komplexität zukünftig noch besser zu verstehen, streben die Forscher*innen eine breitere quantitative Datenbasis an. Doktorand Bryan Frey sieht darüber hinaus in der gezielten Erhebung qualitativer Daten eine große Chance: Eine Möglichkeit hierfür ist der direkte Erfahrungsaustausch mit Patient*innen wie Benjamin Stecher

„Parkinsonkranke haben Kenntnisse, die Forscher*innen nicht haben können – und die teilen wir gerne“, sagt Benjamin Stecher. Vor rund zehn Jahren wurde bei Ben Parkinson diagnostiziert – da war er 29 Jahre alt. In Nairobi geboren, in Toronto aufgewachsen und später in China arbeitend sah sich der Weltenbummler gezwungen, etwas gegen diese Erkrankung zu unternehmen. Er beschloss, sein Leben dem Kampf gegen Parkinson zu widmen. Sesshaft ist er deswegen nicht – im Gegenteil: Ben reist rund um den Globus, um von den führenden Köpfen auf dem Gebiet alles über Parkinson sowie zukünftige Therapiemöglichkeiten zu erfahren und in der breiten Öffentlichkeit über die Erkrankung und die Parkinson-Selbsthilfe aufzuklären.

Mittlerweile ist er als erfolgreicher Buchautor, Blogger, Patientenberater und Gründer oder Mitbegründer von fünf Patient Advisory Boards für Pharmaunternehmen, Biotech-Startups und Kliniken auf der ganzen Welt selbst eine Institution für die Parkinsonforschung. Er hält regelmäßig Vorträge bei Konferenzen und in Forschungszentren. Dabei hofft er, dass seine Arbeit einen nachhaltigen Einfluss auf die Menschen hat, die im Bereich Parkinson arbeiten. Und er möchte ein Vorbild für andere Betroffene sein, und ihnen zeigen, dass sie trotz der Schwierigkeiten, die Parkinson mit sich bringt, immer noch das Leben führen können, das sie sich wünschen.
 


Informationen aus erster Hand

Mit diesem Ziel folgte Ben der Einladung von Bryan Frey zu einer internen Mitarbeiterveranstaltung bei AbbVies Forschungsabteilung Neuroscience Discovery in Ludwigshafen. Als Doktorand arbeitet Bryan an der Entwicklung neuartiger Werkzeuge für die klinische Erprobung von Medikamenten und die Frühdiagnose von Parkinson- und AlzheimerPatient*innen. Er lernte Ben vor einigen Jahren bei einer Konferenz kennen – seither sind die beiden in Kontakt. „Als Forscher hat man nicht häufig die Gelegenheit, sich persönlich mit Betroffenen auszutauschen. Ben war damals der erste Patient, der mir offen und aufrichtig Einblicke in sein Leben gewährte.“ Die Schilderungen aus erster Hand waren und sind für Bryan eine Offenbarung: „Der Austausch mit Ben hat mich inspiriert, motiviert und vor allem viele meiner Annahmen verändert, die ich aus Lehrbüchern über Parkinson gewonnen hatte“, so Bryan. Deshalb sollten nun auch die anderen Kolleg*innen bei AbbVie die Möglichkeit bekommen, die persönliche Sicht eines Patienten kennenzulernen.


Parkinson ist nicht gleich Parkinson

In einem einstündigen Vortrag sprach Ben über seine Krankheitsgeschichte, den aktuellen Forschungsstand sowie vielversprechende neue Ansätze bei der Parkinsontherapie. „Die Kolleg*innen waren begeistert“, berichtet Bryan, „denn es wurde unter anderem einmal mehr deutlich: Parkinson ist nicht gleich Parkinson.“ An der zweithäufigsten neurodegenerativen Erkrankung der Welt leiden mittlerweile mehr als zehn Millionen Menschen – Tendenz: stark steigend. Die Symptome der Betroffenen unterscheiden sich jedoch mitunter deutlich. Die einen leiden unter dem bekannten Ruhezittern, die anderen unter Muskelsteife oder Gehstörungen. Einige haben mit Sprachproblemen oder Müdigkeit zu kämpfen, viele mit Gedächtnisverlust, Depressionen oder Angstzuständen. „Wir sprechen von Parkinson als DIE Krankheit, aber wir haben es mit einem Syndrom zu tun, das gerade durch die verschiedenen Symptomatiken sehr individuell ist“, so Bryan.

Laut Ben gibt es eine große Diskrepanz zwischen dem, was die Forscher*innen annehmen, über die Krankheit zu wissen, und dem, was sie tatsächlich wissen. „Wenn man Mäuse oder Zellen in einer Petrischale untersucht, kann man nicht sehen, welche vielfältigen Auswirkungen Parkinson auf das Krankheitsbild und damit das Leben der Patient*innen hat.“ Da alle Menschen verschieden sind, sei das Ziel zukünftiger Therapieansätze, die große Bandbreite an Symptomen besser zu adressieren.


Objektive Messung von Symptomen statt unzuverlässige Fragebögen

Eine Voraussetzung, um bessere Therapien zu entwickeln, ist die Verbesserung der Diagnosemethoden. Ärzte identifizieren Parkinson nach wie vor mit den gleichen Fragebögen und motorischen Tests, die es seit Jahrzehnten gibt. „Dieses Vorgehen bedarf einer Modernisierung“, sagt Bryan, denn laut einer Erhebung von Parkinson’s UK werden rund ein Viertel der Parkinsonfälle zunächst falsch diagnostiziert – und folglich auch falsch behandelt. „Um Krankheitsfälle präzise und frühzeitig erkennen zu können, müssen wir mit objektiven Messungen arbeiten. Denn wenn ein Fragebogen Parkinson bestätigt, ist die Krankheit meist schon weit fortgeschritten.“ Einer möglichst frühen Diagnose anhand sogenannter Biomarker könnten laut Bryan im zweiten Schritt spezifische Untersuchungen folgen, die die persönlichen Besonderheiten auf molekularer und symptomatischer Ebene zutage fördern. Dies könnte die Entwicklung innovativer Therapieoptionen einen großen Schritt weiterbringen. 

Doch nicht nur Biomarker sind notwendiger Bestandteil der zukünftigen Parkinsonforschung; auch eine breite Basis von Patientendaten wird dringend benötigt – nicht zuletzt vor dem Hintergrund der sehr unterschiedlichen Krankheitsverläufe. Für Ben besteht die größte Herausforderung im täglichen Umgang mit Parkinson darin, die vielen Ups and Downs zu verkraften. In guten Momenten ist fast nichts von der Krankheit zu spüren, in schlechten hat er extrem starken Tremor oder kann sich kaum bewegen. Auch diese Tatsache hat weitreichende Konsequenzen: In der Forschung werden als Grundlage Patientendaten verwendet, die beispielsweise in Kliniken erhoben wurden – allerdings teilweise in Unkenntnis darüber, ob diese Daten aus einer Phase stammen mit starken oder weniger starken, vermeintlich gewöhnlichen oder ungewöhnlichen Symptomen. „Wir als Forscher bekommen nur eine Zahl, aus der wir Erkenntnisse ableiten. Dass die Tageszeit der Datenerhebung einen so massiven Einfluss auf das Ergebnis und unsere Arbeit hat, zeigt, dass wir uns nicht allein auf diese Zahlen verlassen können“, erklärt Bryan. 

Wir müssen den Patient*innen eine Stimme geben“

Die Parkinsonforschung muss daher neue Wege einschlagen, um verlässliche Ergebnisse zu erhalten. Eine vielversprechende Option sind kontinuierliche Symptomerfassungen, beispielsweise unter Verwendung von Smartwatches. Die präzise Sensorik zeichnet Symptome über den ganzen Tagesverlauf auf; passende Apps bieten zusätzlich die Möglichkeit, Aktivitäten, die Medikation sowie Nebenwirkungen festzuhalten. Zudem würde Ben zufolge ein mobiler Tracker den Patient*innen den regelmäßig zeit- und nervenraubenden Besuch in Kliniken ersparen. Für ihn ist sicher: „Wenn wir bei der Forschung die individuelle Symptomatik zum Ausgangspunkt nehmen, können wir die Parkinsontherapie in den kommenden Jahren weiterentwickeln.“ 

Ebenso wertvoll wie neue technologische Lösungen ist der persönliche Austausch mit den Betroffenen. „Wir müssen den Patient*innen eine Stimme geben, denn sie können uns wertvolle Hinweise liefern, die unter anderem einen Effekt darauf haben, wie wir wissenschaftliche Hypothesen aufstellen und die dazugehörigen Experimente interpretieren“, so Bryan. Darüber hinaus sorge die Zusammenarbeit mit Betroffenen bei allen Beteiligten auf der Forschungs- und Entwicklungsseite für einen starken Motivationsschub. „Der direkte Austausch mit Patient*innen ist berührend und spornt uns umso mehr bei unserer täglichen Arbeit an.“ Bislang sind Zusammenkünfte wie Bens Besuch bei AbbVie in der Branche noch die Ausnahme. Von mehr als 100 Forschungseinrichtungen, die Ben in den vergangenen Jahren aufgesucht hat, haben nur eine Handvoll schon zuvor direkt mit Betroffenen zusammengearbeitet. Umso größer ist seine Freude darüber, dass AbbVie offen ist für den Austausch. „Wir alle wollen Menschen mit Parkinson helfen, damit sie mit dieser chronischen Erkrankung besser leben können.“



Benjamin Stecher

Ben studierte Geschichte und Philosophie an der University of Guelph und bereiste anschließend von Südkorea aus die Welt, wo er drei Jahre als Lehrer arbeitete. Mit 26 Jahren zog er nach Shanghai. Dort verbrachte er ein Jahr an der Jiao-Tong-Universität in einem chinesischen Sprachprogramm, bevor er vom chinesischen Bildungsunternehmen San Li eingestellt wurde. Als geschäftsführender Partner leitete er Niederlassungen in ganz Südostchina, entwickelte Lehrpläne und bildete Lehrer aus.

Nach seiner Parkinson-Diagnose verließ er mit zunehmenden Symptomen seine Wahlheimat China, um zu lernen, wie er besser mit der Krankheit umgehen kann. Auf der Suche nach innovativen Behandlungsoptionen und im ständigen Austausch mit Expert*innen und anderen Patient*innen bereist er seither die Welt. Heute hält er regelmäßig Vorträge bei Konferenzen, Biotech-Unternehmen und Forschungszentren, und setzt sich aktiv für die Parkinsonforschung ein. Er ist Patientenberater unter anderem für den World Parkinson's Congress, die Toronto Western Hospital Movement Disorder Clinic und Rune Labs, ein auf Parkinson fokussiertes Technologieunternehmen in San Francisco. Zudem hat er den Blog Tomorrow Edition (tmrwedition.com) gegründet und die Parkinson's Research Advocacy Group mit aus der Taufe gehoben. Als produktiver Autor hat er gemeinsam mit Prof. Alberto Espay das Buch „Brain Fables“ geschrieben, das bei Cambridge University Press erschienen ist. 

AbbVies Forschungsphilosophie

Für AbbVie spielt die Forschung eine zentrale Rolle. Neben der Onkologie sind neurodegenerative Erkrankungen ein wichtiger Schwerpunkt. Um Krankheitsmechanismen etwa von Alzheimer oder Parkinson aufzuklären, betreibt das Unternehmen echte Grundlagenforschung: AbbVies Forschungsabteilung entwickelt neue Modelle, um die zellulären Prozesse zu verstehen, die neurodegenerativen Erkrankungen zugrunde liegen, und daraus Ansätze für mögliche Therapien abzuleiten. Die Forschung stellt sich dabei breit auf: Sie beschränkt sich nicht auf bestimmte Ansätze wie z. B. Small Molecules oder Antikörper, sondern greift auf eine Vielfalt von im Unternehmen vorhandenen Technologien zurück. Soweit möglich publizieren AbbVies Forscher*innen ihre Ergebnisse, um einen Beitrag zum Verständnis der Erkrankungen zu leisten, und zur Förderung des medizinischwissenschaftlichen Austauschs kooperieren sie eng mit akademischen Instituten und Kliniken. Seit seiner Gründung im Jahr 2013 hat AbbVie 50 Milliarden US-Dollar in die Forschung und Entwicklung investiert.



Christine Blindzellner 
Senior Communication Manager Neuroscience
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Ein forschendes BioPharma-Unternehmen

AbbVie ist ein globales, forschendes BioPharma-Unternehmen. Unsere Mission ist es, innovative Therapien zu erforschen und bereitzustellen, um die medizinischen Herausforderungen von heute und morgen anzugehen. AbbVie will einen echten Unterschied im Leben der Menschen machen – über verschiedene Therapiegebiete hinweg: Immunologie, Onkologie, Neurologie, Augenheilkunde und Virologie sowie mit dem Portfolio von Allergan Aesthetics in der medizinischen Ästhetik. In Deutschland ist AbbVie an seinem Hauptsitz in Wiesbaden und seinem Forschungs- und Produktionsstandort in Ludwigshafen vertreten. Insgesamt beschäftigt AbbVie weltweit 50.000 und in Deutschland rund 3.000 Mitarbeiter*innen. Weitere Informationen zum Unternehmen finden Sie unter www.abbvie.com und www.abbvie.de. Besuchen Sie unsere Profile auf Facebook oder LinkedIn. Unter www.abbvie-care.de finden Sie umfangreiche Informationen zu den Therapiegebieten, in denen AbbVie tätig ist.